21.04.2021

Bauarbeiten, Stand 21. April 2021

In diesen Tagen wird die letzte Decke des Museums Reinhard Ernst betoniert. Die Dachdecker haben auf dem Hauptdach bereits mit den Abdichtungsarbeiten begonnen und werden danach die Dämmung in Angriff nehmen. Der Verbundestrich in den Technikräumen des 1. und 2. Obergeschosses ist nahezu ausgehärtet. Die Versorgungsanschlüsse von der ESWE wurden gelegt; aktuell finden die Teerarbeiten statt, so dass der Verkehr auf der Wilhelmstraße bald wieder ungehindert fließt.

In Kürze kann man den Aufbau einer Stahlkonstruktion für das so genannte Skylight erleben – einer Lichtkuppel auf dem Dach an der Ecke Rheinstraße/Wilhelmstraße. Dieser Aufbau wird vom Wiesbadener Traditionsunternehmen Huhle vorgenommen, das für anspruchsvolle Projekte in Stahl und Metall deutschlandweit gefragt ist. Das Skylight krönt den mit 13 Metern höchsten Ausstellungsraum, bei der Kuppel handelt es sich um eine der kompliziertesten Konstruktionen des Museumsbaus.

Auch im Innenbereich wurden zwischenzeitlich Stahlkonstruktionen errichtet. Beispielsweise im großen Technikraum im Untergeschoss. Er ist rund 450 Quadratmeter groß und sechs Meter hoch. Um hier schwere Lasten von der oberen auf die untere Ebene zu heben, wurde eine Laufkatze installiert. Darunter versteht man ein Rollwerk, das entlang eines Trägers fährt. Seinen Namen verdankt es der Fähigkeit von Katzen, auf hochgelegenen Mauern zu balancieren und sich dort sicher zu bewegen. Die Laufkatze im Museum kann am Haken eines Kettenzuges Objekte von bis zu einer Tonne transportieren.

Wo wir gerade bei schweren Gütern sind: Anfang Mai erwarten wir die Lieferung der Skulptur von Tony Cragg. Die zwei Teile der eigens für das Museum Reinhard Ernst geschaffenen, sich über zwei Etagen erstreckenden Kunst werden dann mit einem Kran ins Obergeschoss gehoben. Für die Installation des Werks musste eine individuelle Lösung gefunden werden, denn zum Zeitpunkt der Idee für die Skulptur war die Statik des Museums bereits abgeschlossen. Deswegen wird das Kunstobjekt auf zwei nach oben geneigte Stahlträger gesetzt, die die Last nicht an die darunterliegende Decke, sondern an die Wände weitergeben. Durch den späteren Bodenaufbau werden die Besucherinnen und Besucher des Museums nichts mehr von der anspruchsvollen Bewältigung dieser Aufgabe sehen. Aber man kann dann sein soeben erworbenes Wissen an die staunende Begleitung weitergeben …

Hinter der erfolgreichen Entwicklung der letzten Wochen und Monate stehen viele engagierte Menschen, die sich in Wiesbaden um die Ausführung der in Tokio entworfenen Pläne kümmern. In unserem letzten Bautenstandsbericht hatten wir Michael Müller, Salman Kholmi und Dzenan Mehmedovic vorgestellt. An dieser Stelle treffen wir auf der Baustelle zwei weitere Personen:



Paula Klemp ist mit und in Museen groß geworden. Ihre Eltern nahmen sie schon als Kind zu vielen Vernissagen mit (wo die kleine Paula oft ungeduldig darauf wartete, dass endlich das Büffet eröffnet wurde). Ihr Vater war als Amtsleiter für Wissenschaft und Kunst in Frankfurt, später auch als Ausstellungskurator und stellvertretender Direktor des Museums Angewandte Kunst tätig. Seine Tochter studierte Architektur an der Technischen Universität Darmstadt, absolvierte ein sechsmonatiges Praktikum in der Berliner Dependance des Architekturbüros June14 und stieß schon während ihrer Hochschulausbildung als Werkstudentin zu schneider + schumacher. Das Unternehmen stellt die Umsetzung der Planung für das Museum Reinhard Ernst sicher, es war schon an zahlreichen Architekturprojekten mit internationalem Rang beteiligt. Nach Abschluss ihres Studiums im Jahr 2017 wurde Klemp als Festangestellte ins Team von schneider + schumacher übernommen. Zu ihren ersten Projekten gehörte die Mitwirkung an der Planung der Goethehöfe, ein Gebäudeensemble im Großen Hirschgraben in der Frankfurter Altstadt. Im Anschluss stieg sie in die Planung des Museums Reinhard Ernst ein, nun sitzt sie mit ihrem Kollegen Marcel Hündgen und ihrer Chefin Jasmin Veigel in einem Container direkt neben dem Rohbau, um die Bauarbeiten zu koordinieren. Paula Klemp kann deutlich den japanischen Einfluss auf die Architektur erkennen, der Entwurf von Fumihiko Maki zeichnet sich nach ihrer Einschätzung unter anderem durch gerade Formen, eine stringente Linienführung und eine extreme Detailgenauigkeit aus. Auf die abstrakte Kunst im neuen Museum freut sie sich schon heute!



Ðuro Opacic wurde in Knin geboren, im Hinterland Dalmatiens. Mit 17 Jahren – direkt nach der Schule – folgte er seinem Vater, der bereits in Deutschland auf Baustellen arbeitete. Nach zwei Jahren absolvierte er seinen Wehrdienst beim serbischen Militär, kehrte danach aber sofort wieder ins Rhein-Main-Gebiet zurück. Angefangen hat Opacic als Maurer, doch durch einen Bandscheibenvorfall konnte er diese Tätigkeit nicht mehr länger durchführen. Der Serbe ist auf dem Bau ein Multitalent, versteht auch den Kran zu steuern. In seinen 46 Jahren hat er sprichwörtlich schon einige Höhen und Tiefen erlebt: Bei der Errichtung der 155 Meter hohen Türme der Deutschen Bank war er ebenso dabei wie bei Arbeiten „unter Tage“ für Frankfurter U-Bahn-Strecken. Auch auf die Errichtung von Brücken kann Ðuro Opacic zurückblicken. Beim Museum Reinhard Ernst ist er als Betonverschaler tätig. „Im November ist Schluss“, sagt der 65-Jährige, denn dann geht er in den Ruhestand. Ob er weiterhin in der Nähe seiner Kinder und Enkelkinder in Frankfurt wohnen oder zur Verwandtschaft seiner Frau bei Belgrad ziehen wird, weiß er noch nicht. Wahrscheinlich macht er beides. Sein letztes großes Projekt, das Museum Reinhard Ernst, findet er ziemlich ungewöhnlich. So hohe Räume, so viele Wandflächen mit so wenigen Fenstern, so dicke Wände – das hat auch Ðuro Opacic in all den Jahren noch nicht gesehen …