21.10.2021

Interview mit Stifterin Sonja Ernst

»Es ist schön zu wissen, dass von unserer Stiftung noch Generationen nach uns profitieren. Insbesondere die, die uns besonders am Herzen liegen, nämlich die Schwächsten unserer Gesellschaft: Kinder und alte Menschen.«

Sonja Ernst, Ehren­vorsitzende der Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung


In ungefähr einem Jahr eröffnet an der Wilhelmstraße 1 in Wiesbaden das Museum Reinhard Ernst. Träger dieses Museums für Abstrakte Kunst ist die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung. Wer ist die Dame, die der Stiftung auch ihren Namen gab und im Hintergrund wirkt? Wir haben mit ihr ein Interview geführt.

Von links nach rechts: Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende, Sonja Ernst, Reinhard Ernst und Michel van Ackere (vom Architekturbüro Maki & Associates) beim feierlichen Beginn der Bauarbeiten

Liebe Frau Ernst, nur mal angenommen, wir würden dieses Gespräch nachmittags im neuen Bistro des Museums Reinhard Ernst führen, was würden Sie sich bestellen?

Am Nachmittag würde ich einen guten Kaffee und ein leckeres Stück Kuchen wählen.

Mit dem Spatenstich für das Museum Reinhard Ernst ist auch Ihre Stiftung in den Vordergrund gerückt. Wie kam es 2004 zur Gründung der Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung?

Die Gründung war das Ergebnis langer gemeinsamer Überlegungen, die über Jahre gereift sind. Auch heute noch ändern wir unsere Stiftungs-Satzung, wenn es erforderlich wird. Beispielsweise haben wir den Stiftungszweck »Kunst und Kultur – Museumsbau« erst später ergänzt, als entschieden war, dass unsere Stiftung ein Museum baut.

Sie betonen immer wieder, dass Sie Glück im Leben hatten und dieses teilen möchten. Wie und wo entstehen Ihre Ideen zum Helfen?

Einfach dadurch, dass man Augen und Ohren offenhält. Ideen zum Helfen haben nicht unbedingt mit Geld oder einer Stiftung zu tun. Viel wichtiger finde ich, dass wir im täglichen Umgang mit unseren Mitmenschen »nicht vergessen, dass wir nicht alleine auf der Welt sind.« Diese Aussage der Großmutter meines Mannes hat unser Leben begleitet.

Sie sind gebürtige Wiesbadenerin und schenken nun mit Ihrem Mann der Heimatstadt ein Museum für abstrakte Kunst. Warum findet man Ihren Namen nicht auch in der Museums-Bezeichnung?

Über diese Frage musste ich schon oft lachen, beantworte Sie Ihnen aber auch heute sehr gerne. Die Nähe zur Kunst, Sammlung und der Bau des Museums kommt von meinem Mann. Warum er das alles machen möchte, hat mich von Anfang an überzeugt. Er ist noch immer mit Leib und Seele Unternehmer. Insbesondere Kinder an die abstrakte Kunst heranzuführen, ihnen Kreativität zu entlocken, die unser Mittelstand – der »größte Kreativbereich unserer Wirtschaft« – auch in Zukunft dringend braucht, das ist für mich überzeugend. Dass er das mit seiner Liebe zur »gegenstandslosen« Kunst verbindet, unterstütze ich, wo ich kann.
Unserem Stiftungsrat, deren Ehrenvorsitzende ich bin, habe ich vorgeschlagen, dem Museum den Namen meines Mannes zu gegeben. Sehen Sie sich die Museen, die privat gegründet wurden, doch einmal an: Städel, von der Heydt, Brandhorst, Burda, Sprengel usw. Alle tragen den Namen der Initiatoren.
Unser Stiftungsrat hat einstimmig beschlossen, unser Museum »Museum Reinhard Ernst« zu nennen. Darüber war und bin ich froh. Mir ist bekannt, dass mein Mann schon daran arbeitet, die Marke »MRE« zu entwickeln. Er ist davon überzeugt, dass der Name bleibt, dieser aber im Laufe der Jahre nicht mehr in Verbindung mit der Person des Stifters oder Gründers gebracht wird. Wer denkt an Herrn Städel, wenn er heute ins Städel geht?
Übrigens: Wer sagt denn, dass möglicherweise nicht noch irgendein soziales Projekt entsteht, das meinen Namen trägt?

Gerade die Unterstützung und Ausbildung bedürftiger Kinder, Jugendlicher und alter Menschen weltweit ist ein wichtiger Punkt in Ihrem Stiftungszweck. Gab es bei den bisherigen Projekten eine Begebenheit, die Sie speziell berührt hat?

Während der Einweihung von unserem »Haus der Hoffnung« in Japan haben wir viel mit alten Menschen, aber auch Kindern gesprochen, die uns von ihrem Leid und Schicksal mit Tränen in den Augen berichtet haben. Das hat uns nicht nur sehr berührt, sondern hat uns bestätigt, dass wir etwas richtig gemacht haben.

Haben Sie in der Sammlung auch ein Lieblingswerk?

Ja – einen leuchtend gelben Emil Schumacher und ein wunderbares Werk von Frankenthaler. Beide hängen bei uns zuhause und »müssen« ins Museum. Das wird ein trauriger Moment.

Wie oft besuchen Sie die Baustelle?

Alle vier Wochen an einem Sonntag.

Vielen Dank für das Gespräch – vielleicht unterhalten wie uns ja beim nächsten Mal tatsächlich bei einem guten Kaffee und Kuchen im mre Bistro.

Das Interview führte Catherine S. Dallmer