15.03.2024

Fumihiko Makis Museum in Wiesbaden

Mit dem Museum Reinhard Ernst (mre) entsteht im Herzen von Wiesbaden ein neues, stiftungsfinanziertes Museum mit Fokus auf abstrakter Kunst. Viele Wiesbadener:innen gehen täglich an dem Gebäude vorbei, und oft erreichen uns Fragen und Kommentare zur Architektur. In diesem Beitrag wollen wir auf einige baulichen Besonderheiten des Hauses eingehen.


Zentral an der Wilhelmstraße 1 gelegen, hebt sich der moderne Bau des japanischen Architekten Fumihiko Maki deutlich von den umliegenden Gründerzeithäusern ab. Tatsächlich bildet die leuchtend-weiße und auf jegliches Ornament verzichtende Granitfassade des Museums einen auffallenden Kontrast zu den historistischen Wohn- und Geschäftsgebäuden, die den Prachtboulevard Wiesbadens säumen. Die kristallin-glitzernde Oberfläche des Museums und seine kompakte Form haben ihm bereits einen Spitznamen verliehen: Zuckerwürfel.

Schon bevor das Museum Reinhard Ernst für das Publikum geöffnet ist, hat es (Wiesbadener) Geschichte geschrieben: Die Entscheidung für ein privates Kunstmuseum in der Innenstadt fiel im Zuge eines öffentlichen Bürgerbeteiligungsverfahren – eine Premiere. Auch der Wiesbadener Gestaltungsbeirat empfahl den verantwortlichen Gremien, den Entwurf von Fumihiko Maki zu bewilligen.

Maki and Associates, das für das mre verantwortliche japanische Architekturbüro, feiert 2025 sein 60. Jubiläum. In seiner langen Karriere hat sich Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki, der Gründer und Namensgeber, einen Weltruf erarbeitet: Zu seinen bekanntesten Gebäuden zählen 4 World Trade Center in New York, das Aga-Khan-Museum in Toronto oder das Kyoto Art Museum. Das Museum Reinhard Ernst ist Fumihiko Makis zehntes Museum – zugleich ist es sein erster Kunstbau in Europa. Architekt und Bauherrn verbindet eine langjährige Freundschaft.

Was macht das mre so besonders?

Beim näheren Hinschauen stellen wir fest, dass der massive, in vier Quadranten aufgeteilte Baukörper des Museums zu schweben scheint: Die auskragende Form ruht auf einem gläsernen Erdgeschoss. Dieser Gegensatz zwischen Schwere und Leichtigkeit ist ein Markenzeichen von Fumihiko Maki. Dahinter verbirgt sich eine komplexe Stahlkonstruktion, deren Planung und Berechnung ca. zweieinhalb Jahre in Anspruch nahm.

Den Eindruck der Leichtigkeit verdankt das Museum auch der weißen Granitfassade. An einem sonnigen Tag hebt sich die Dachkante des Hauses deutlich von dem blauen Himmel ab. Keine Verblendungen, Ortgangbleche oder sonstige funktionale Elemente stören den Blick. 6.000 Quadratmeter Granit wurden für die Fassade geschnitten und händisch aufgeraut. Mehr zu der Entstehung dieser Fassade lesen Sie hier.

Arbeiten mit geliehenem Licht

Im Inneren des Museums überrascht ein geräumiger Lichthof. Er führt das Tageslicht bis ins Erdgeschoss, Fumihiko Maki spricht hier von „geliehenem Licht“. Die Innenräume des Museums wirken deshalb hell und einladend. Blickt man aus dem gläsernen Foyer hinaus, fällt auf, dass der Museumsbau – wo immer möglich – die Proportionen der umliegenden Architektur aufgreift, ja geradezu inszeniert. Auf diese Art zollt Fumihiko Maki der historischen Stadtbebauung Respekt. Der vorstehende Säulengang des benachbarten Museums Wiesbaden findet seine Entsprechung in dem etwas zurückgesetzten Entrée des mre. Die Fensterfront des Museumsshops rahmt die große Kreuzung Rheinstraße/Wilhelmstraße und die diese Szene dominierenden Gebäude – das Museum Wiesbaden zur linken und das Rhein-Main-Kongress-Center schräg gegenüber. Diese Rahmungen finden sich auch im ersten und zweiten Obergeschoss wieder: Hier sehen wir, dass Fumihiko Maki bei seinem Entwurf die Proportionen der gegenüberliegenden Häuser präzise aufnimmt.

Auch bei der Höhe des Gebäudes richtet sich der japanische Architekt an den benachbarten Bauten. Die Traufhöhe des Museums Reinhard Ernst entspricht mit 20 Metern genau der Traufhöhe des Museum Wiesbaden.


Wir hoffen, mit diesem Text einige der häufigsten Fragen beantwortet und die Neugier unserer zukünftigen Besucher:innen geweckt zu haben.

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