24.01.2024

Auf den Spuren von Robert Motherwell in Wien

Große Formate, große Gesten, große Worte: Robert Motherwell (1915-1991) zählt zu den bedeutendsten Vertretern des Abstrakten Expressionismus. Er gilt gerne als Intellektueller, da er in seinen Werken oft literarische oder philosophische Einflüsse aufgreift. Darüber hinaus unterrichtete er an Kunsthochschulen wie dem Black Mountain College und war als Kunstkritiker und Herausgeber, u. a. der Reihe Documents of Modern Art Reihe (später umbenannt in Documents of Twentieth-Century Art) tätig. Die wissenschaftliche Erforschung der modernen Kunst war für Robert Motherwell so wichtig, dass er 1981 eine eigene Stiftung zu diesem Zweck gründete, die Dedalus Foundation in New York.

Wie sich Denken, Schreiben und Malen in seinem Werk verbinden, zeigte die Ausstellung Robert Motherwell Pure Painting im Kunstforum Wien, die Mitte Januar zu Ende gegangen ist. Die Schau entstand in Kooperation mit dem Modern Art Museum of Fort Worth und zeigte den Künstler mit insgesamt rund 40 Werken erstmals seit 25 Jahren wieder umfassend in Europa.

Florian Steininger, Direktor der Kunsthalle Krems, über The Voyage: Ten Years After (1961) von Robert Motherwell (Foto: Lea Schäfer, mre)

Zum Abschluss der Ausstellung lud die Dedalus Foundation zu einem interdisziplinären Studientag ein. Insgesamt reisten 25 Kurator:innen, Restaurator:innen, Professoren, Studierende und Künstler:innen aus den USA, der Schweiz, Deutschland und Österreich an. Man traf sich, um die Werke Motherwells gemeinsam zu betrachten, zu studieren und sich auszutauschen. Für das mre nahm unsere Kuratorin Lea Schäfer an der Veranstaltung teil: „Es war ungemein bereichernd, Motherwells Originale vor Augen zu haben und sich mit so vielen unterschiedlichen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Für mich ist dabei noch einmal deutlich geworden, wie wichtig die Arbeiten aus der Sammlung Reinhard Ernst im Kontext seines gesamten Werks sind.“

Jede:r Teilnehmer:in griff in einem Kurzvortrag Aspekte im Werk von Robert Motherwell auf. Lea Schäfer beschäftigte sich mit der Genese der Open-Serie, die zwischen 1967 und 1981 entstand. In der Sammlung Reinhard Ernst befindet sich mit Open No. 1 (1967), das erste der über 200 Werke umfassenden Reihe. Eine zufällige Beobachtung in seinem Atelier regte den Künstler dazu an: Ein kleineres Bild lehnte an einem größeren, und Motherwell zeichnete die Umrisse des kleineren Bildes mit Kohle auf die große Leinwand. Das Ergebnis, ein stilisiertes U, erschien dem Maler wie eine Tür. Dann drehte er die größere Leinwand um 180 Grad: aus der Tür wurde ein Fenster. Die Einfachheit der Komposition inspirierte Motherwell zu zahlreichen Variationen über das Spiel der Proportionen und den Dialog von Linie und Farbe, von Grundfläche und Rechteck.

Robert Motherwell, Open No. 1 (1967), Acryl auf Leinwand, 289,6 x 210,8 cm, Sammlung Reinhard Ernst, Wiesbaden. © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Ausstellungsansicht mit zwei Werken von Robert Motherwell: „Summer Open with the Mediterranean Blue“ (1974), Acryl und Kohle auf Leinwand, 122,2 × 274,6 cm, Modern Art Museum of Fort Worth, und „The Garden Window“ (1969/1990), Acryl und Kohle auf Leinwand, 153,4 × 101,9 cm, Modern Art Museum of Fort Worth, jeweils © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 (Foto: Lea Schäfer, mre)
Robert Motherwell (1915–1991), „Open White and Black“ (1969), Acryl und Kohle auf Leinwand, 223,5 × 309,9 cm, Forman Family Collection. © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 (Foto: Lea Schäfer, mre)

Wenn Sie noch mehr über Robert Motherwell und seine Werke erfahren möchten, lohnt sich der Blick in unsere Sammlungsübersicht.

Obwohl das Museum Reinhard Ernst noch nicht eröffnet ist, bauen wir schon jetzt eine breite Vernetzung mit der internationalen Fachwelt auf. Der Austausch von Leihgaben, die Durchführung von Vorträgen und ein reger fachlicher Austausch haben dazu beigetragen, dass das mre als neues Museum bereits eng mit einer reichen Gemeinschaft von internationalen Expert:innen verbunden ist.